Die Schweiz setzt die EU-Sanktionen im Finanzbereich vollumfänglich um. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Sanktionen
Warum setzt die Schweiz EU-Finanzsanktionen gegen Russland um?
- Für die Schweiz ist es zentral, die Integrität ihres Finanzplatzes sicherzustellen. Daher setzt die Schweiz die EU-Sanktionen im Finanzbereich vollumfänglich um.
- International tätige Schweizer Banken und Versicherungen, die Börse sowie z.B. Rohstoff-Firmen verfolgen die internationalen Sanktionsmassnahmen schon bisher sehr genau und setzen diese um.
Wie schnell kann die Schweiz neue Sanktionen der EU übernehmen?
- Damit die Schweiz eine Anpassung vornehmen kann, müssen jeweils die finalen Verordnungstexte der EU vorliegen.
- Die konkrete Umsetzung wird auch seitens der Schweiz jeweils erst dann kommuniziert, wenn die Massnahmen in Kraft treten, um allfällige vorgängige Umgehungen möglichst zu verhindern.
- Die Inkraftsetzung des ersten Pakets von Massnahmen innerhalb von vier Tagen am 28. Februar 2022 hat gezeigt, dass die Schweiz ihre Verantwortung rasch und effizient wahrnehmen kann.
Kann die Schweiz Russland eigenständig über die Einstellung des Rohstoffhandels sanktionieren?
- Das Embargo-Gesetz gibt dem Bundesrat nicht die Möglichkeit, eigenständige Sanktionen zu verhängen.
- In der Praxis befolgen die international tätigen Rohstoff-Handelsfirmen EU- und vor allem US-Sanktionen, unabhängig vom Standort.
- Der Handel mit Rohstoffen unterliegt von Seiten EU und USA bisher nur sehr punktuell den Sanktionen, weil dies Folgen für die Energieversorgung in Westeuropa haben könnte.
- Der Rohstoffhandel spielt für die weltweite Versorgung eine wichtige Rolle. Es geht dabei nicht nur um den Handel mit Öl/Gas, sondern auch mit Nahrungsmitteln (Getreide) oder Metallen.
Werden die Rohstoffhändler bei einem Ausschluss von Swift betroffen sein?
- Rohstoffhändler werden mit den sanktionierten russischen Swift-Teilnehmern keine Swift-Meldungen mehr austauschen können, was die Finanzierung und Absicherung von Geschäften erschweren bzw. verunmöglichen kann.
- Es ist zu erwarten, dass die westlichen Banken bei Geschäften mit russischen Gegenparteien äusserste Zurückhaltung ausüben werden.
- Es ist davon auszugehen, dass die Märkte in den nächsten Tagen und Wochen turbulent sein werden.
Wie hoch ist der Anteil an russischen Rohstoffen, die über die Schweiz gehandelt werden?
- Der Anteil des russischen Rohstoffhandels, der über die Schweiz abgewickelt wird, ist substantiell, kann aber mangels statistischer Grundlagen nur grob geschätzt werden.
- Die in den Medien häufig genannten 80 Prozent des gesamten russischen Rohstoffhandels können wir nicht bestätigen. Diese Zahl stammt aus einem Bericht von 2013, der sich auf veraltete Schätzungen der Rohstoffhandelsbranche abstützte.
- Im Januar 2022 (vor Ausbruch des Konflikts in der Ukraine) wurden zwischen 50-70% der russischen Erdölexporte durch Gesellschaften gehandelt, die auch in der Schweiz tätig sind. Diese grobe Schätzung basiert auf einer Hochrechnung vertraulicher Angaben aus der Rohstoffhandelsbranche und bezieht sich nur auf den Export von russischem Erdöl.
Warum verfügt die Schweiz nicht über mehr und genauere Daten zum internationalen Rohstoffhandel, der über die Schweiz abgewickelt wird?
- Detaillierte Zahlen zur Wertschöpfung des Rohstoffhandels können aufgrund der Datenlage aktuell nicht erhoben werden.
- Insbesondere fehlt eine spezifische internationale oder international vergleichbare Klassifikation der Unternehmen, die im Rohstoffhandel tätig sind, sowie eine Abgrenzung von anderen mit dem Sektor verwandten Tätigkeiten (Handel, Finanzierung, Audit, Consulting).
- Daher ist es schwierig, die Bedeutung des Rohstoffhandels für das Schweizer BIP zu quantifizieren.
- Als Folgearbeiten des bundesrätlichen Rohstoffberichts vom 30. November 2018 wurden vom Bundesamt für Statistik (BfS) die verfügbaren Daten Statistik der Rohstoffhändler publiziert.
- Die Behörden prüfen derzeit, ob und wie sich die Datenlage künftig verbessern lässt.
Wie viel Gewicht hat der Rohstoffhandel am BIP der Schweiz?
- Anhand der oben genannten Informationsquellen lassen sich dennoch Hinweise für die Bedeutung des Rohstoffsektors wirtschaftliche Bedeutung ableiten.
- Die Schweiz gehört im Bereich des Rohstoffhandels zu den weltweit führenden Zentren. In der Schweiz sind gegen 900 Unternehmen (0,15 % vom Total) mit rund 10‘000 Mitarbeitenden (0,2 % vom Total) im Bereich Rohstoffhandel tätig. Von den 900 Unternehmen sind 300 multinationale Firmen, davon sind 14 unter russischer Kontrolle.
- Für die Wertschöpfung insgesamt hat der Rohstoffhandel eine grössere Bedeutung. Insgesamt dürften jedoch deutlich weniger als 5% des BIP auf diese Tätigkeiten zurückgehen. Genaue Zahlen dazu existieren aus den oben genannten Gründen nicht.
- Der Einfluss des Handels ist vor allem auf regionaler Basis spürbar. Dieser Sektor trägt in den Kantonen GE, VD, TI und ZG zwischen 10 und 20% zu den Unternehmenssteuern bei.
SWIFT ist ein Messaging-Netzwerk zum sicheren und schnellen Austausch von Zahlungsanweisungen. SWIFT ist kein Zahlungssystem und es werden keine Gelder über SWIFT transferiert. SWIFT ist genossenschaftlich organisiert und gehört Privaten (grossmehrheitlich Banken).
Unterstützt die Schweiz den Ausschluss russischer Banken vom internationalen SWIFT-System für den Austausch von Zahlungsanweisungen?
- Die Schweiz wird den Ausschluss einiger russischer SWIFT-Teilnehmer (Banken) mittragen und lässt keine Umgehungen zu.
- Faktisch haben weder die Schweizer Behörden noch die Schweizer SWIFT-Teilnehmer einen Einfluss auf den Ausschluss, da SWIFT diese direkt ausschliessen kann. Das heisst, sie sind im System blockiert.
Was sind die möglichen Kollateralschäden im Kontext SWIFT?
- International könnte im Fall einer unklaren Ausgestaltung der Sanktion Unsicherheit im Zahlungsverkehr und im Finanzsystem entstehen. Nach bisheriger Einschätzung ist die Gefahr für die Stabilität des Schweizer Finanzsektors gering.
- Der Schritt könnte Auswirkungen auf Schweizer Unternehmen haben, die auf einen gut funktionierenden Zahlungsverkehr mit russischen Abnehmern oder Lieferanten angewiesen sind.
Eines der SWIFT-Rechenzentren steht in der Schweiz, in Diessenhofen. Welche Einflussmöglichkeiten ergeben sich dadurch für die Schweiz?
- Das Rechenzentrum spielt als Hardware keine Rolle, wenn es um allfällige Einschränkungen oder Ausschlüsse von SWIFT-Teilnehmenden geht.
- Der Hauptsitz ist in Belgien, womit SWIFT unter belgisches bzw. EU-Recht fällt und an EU-Sanktionen gebunden ist.
Beziehen sich die Sanktionen der Schweiz auch auf Cryptoassets?
- Die Schweizer Gesetzgebung ist technologieneutral ausgestaltet und betrifft sowohl traditionelle Wertrechte als auch kryptobasierte Vermögenswerte.
- Deswegen ist in der Verordnung zum Zweck der Übernahme der EU-Sanktionen beides erwähnt. Abgesehen davon fallen in der Schweiz unter «Zahlungsmittel» aufgrund der Geldwäschereiverordnung auch virtuelle Währungen.
Wie wichtig ist Russland für den Finanzplatz Schweiz?
- Die russischen Direktinvestitionen in der Schweiz machen nur 1% der ausländischen Direktinvestitionen in der Schweiz aus.
- Weniger als 2% der russischen Zentralbankgelder befinden sich bei Schweizer Banken – nicht bei der SNB.
- Die SNB unterhält keine Geschäftsbeziehungen mit der russischen Notenbank. Es existieren weder Guthaben noch Verpflichtungen zwischen den beiden Zentralbanken.
- Die in der Schweiz verwalteten russischen Vermögenswerte liegen im niedrigen einstelligen Prozentbereich aller grenzüberschreitend in der Schweiz verwalteten Vermögenswerte.
Fazit: Russland gehört bei den Finanzbeziehungen nicht zu den wichtigsten Partnern der Schweiz.
Wie sind die Schweizer Banken von den Sanktionen betroffen?
Aufgrund ihrer Vernetzung mit dem internationalen Kapitalmarkt verfolgen die Banken in der Schweiz die internationalen Sanktionsmassnahmen schon bisher sehr genau und setzen diese um. Die rechtliche Umsetzung in der Schweiz erhöht die Rechtssicherheit.
Welche russischen Banken in der Schweiz sind betroffen?
Siehe Liste der Banken auf der EU-Sanktionsliste.
Haben die von der EU gelisteten Personen auch Konten in der Schweiz?
Dies dürfte zumindest teilweise der Fall sein. Genaue Kenntnis haben die betroffenen Banken. Es existiert jedoch nicht eine zentrale Liste oder Erhebung mit den Namen von russischen Inhabern von Bankkonten in der Schweiz.
Hat der russische Präsident Putin ein Konto in der Schweiz?
Die relevante Information ist, dass die Schweizer Banken in jedem Fall in der Pflicht und die Regeln klar sind bei der Umsetzung der Sanktionen.
Ist die Entgegennahme von Einlagen und die Auszahlung von Geldern mit den Schweizer Sanktionen noch möglich?
Mit der Übernahme der EU-Sanktionen sind für die auf der Sanktionsliste enthaltenen Personen keine Kontotransaktionen mehr möglich.
Wie verhält es sich mit Kunden, die über eine doppelte Staatsbürgerschaft verfügen (z.B. Russland/Schweiz)?
Die Sanktionen gelten für alle auf der Sanktionsliste der EU stehenden Personen.
Übernimmt die Schweiz die Sanktionen für die russische Zentralbank? Was bedeutet das?
Die Schweiz setzt auch diese Massnahmen um. Ein erster Teil wurde am 28. Februar 2022 verabschiedet, z.B. kein Handel mit Papieren der russischen Zentralbank, keine Darlehen, keine Emission von Papieren der russischen Zentralbank. Ein zweiter Teil ist im dritten Paket der EU enthalten: Einschränkung des Zugriffs der Zentralbank auf ihre Devisenreserven. Die Schweiz wird auch dies umsetzen.
In welchem Umfang werden russische Government Bonds in der Schweiz gehandelt?
An der SIX werden keine russischen Staatsanleihen gehandelt.
Hat der Bundesrat Kenntnis über den Umfang des Handels mit Aktien russischer Unternehmen in der Schweiz?
Ja, der Umfang des Handels mit Aktien russischer Unternehmen in der Schweiz ist vernachlässigbar klein.
Andere Massnahmen
Ab dem 27. Juni 2022 können erwachsene Personen mit Schutzstatus S bei ausgewählten Filialen von UBS und Credit Suisse einmalig einen Betrag von bis zu 10'000 Hrywnja umtauschen. Dies entspricht zurzeit rund 300 Schweizer Franken. Der Wechselkurs wird von der Ukrainischen Zentralbank festgelegt.
Die Lösung ist angelehnt an Programme, die von der Europäischen Union vorgeschlagen und in einzelnen Mitgliedsstaaten wie Deutschland, Italien, Schweden, Niederlande oder Belgien bereits umgesetzt sind.
Letzte Änderung 22.06.2022