Bundesrat verabschiedet Botschaft zur Stärkung der Stabilität im Finanzsektor

Bern, 20.04.2011 - Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung die Botschaft zu den Gesetzesvorschlägen für den Umgang mit Systemrisiken von Grossbanken verabschiedet. Systemrelevante Banken sollen bis 2018 höhere Eigenmittel aufbauen, strengere Liquiditätsvorschriften erfüllen und ihre Risiken besser verteilen. Sie sollen zudem so organisiert sein, dass auch bei drohender Insolvenz systemrelevante Funktionen für die Volkswirtschaft sichergestellt sind. Das vorgeschlagene Massnahmenpaket soll verhindern, dass der Staat künftig Steuergelder einsetzen muss, um systemrelevante Banken zu retten.

Die vom Bundesrat am 22. Dezember 2010 in die Vernehmlassung geschickten Vorschläge sind durch die interessierten Kreise im Grundsatz mehrheitlich positiv aufgenommen worden. In Einzelpunkten wurden Änderungsvorschläge vorgebracht. Der Bundesrat hat die generelle Stossrichtung der Vorlage beibehalten, jedoch einige Anpassungen vorgenommen.

Vier Kernmassnahmen stehen im Zentrum der Vorlage:

  • Stärkung der Eigenmittelbasis
  • Strengere Liquiditätsanforderungen
  • Bessere Risikoverteilung
  • Organisatorische Massnahmen, die eine Weiterführung von systemrelevanten Funktionen (z.B. Zahlungsverkehr) bei drohender Insolvenz gewährleisten.

Für die Umsetzung der strengeren Eigenmittelvorschriften sollen im Bankengesetz verschiedene Instrumente bereitgestellt werden (Vorrats- und Wandlungskapital). Um die Ausgabe von Anleihen und damit auch von Cocos-Bonds[1] in der Schweiz zu fördern und den Schweizer Kapitalmarkt zu stärken, schlägt der Bundesrat steuerliche Massnahmen vor. Davon profitiert auch der Unternehmensstandort Schweiz.

Ebenfalls in den Gesetzesentwurf aufgenommen wurde die Regulierung der Vergütungen von systemrelevanten Banken, die trotz aller Anstrengungen zur Stärkung der Stabilität im Finanzsektor mit Bundesmitteln gerettet werden müssen. In solchen Fällen ist der Bundesrat verpflichtet, Anpassungen des Vergütungssystems der betreffenden Bank anzuordnen. Der Gesetzesentwurf basiert weitgehend auf den Vorschlägen der Expertenkommission, die ihren Schlussbericht am 30. September 2010 dem Bundesrat überreicht hat.

Mit der Verabschiedung der Botschaft ans Parlament kann die Vorlage vom Erstrat in der Sommer- und vom Zweitrat in der Herbstsession 2011 beraten werden. Die Gesetzesänderungen können somit frühestens anfangs 2012 in Kraft treten. Mit Übergangsfristen bis 2018 soll die Umsetzung erleichtert werden.

Anpassungen aufgrund der Vernehmlassung

Der Bundesrat hat unter anderem folgende Anpassungen und Klarstellungen vorgenommen:

  • Die systemrelevanten Banken müssen anhand eines Notfallplans nachweisen, dass im Fall drohender Insolvenz die systemrelevanten Funktionen weitergeführt werden können. Die Bank ist bei der Ausgestaltung des Notfallplans grundsätzlich frei. Neu soll der Bundesrat die Kriterien für den Nachweis eines solchen Plans festlegen und auch definieren, welche Massnahmen die FINMA anordnen kann, wenn der Nachweis nicht erbracht wird.
  • Die steuerlichen Massnahmen werden gestaffelt eingeführt. In einem ersten Schritt soll die Emissionsabgabe auf Fremdkapital abgeschafft werden. In einem zweiten Schritt und in einer separaten Vorlage sollen bis spätestens im September 2011 die geplanten Änderungen bei der Verrechnungssteuer präsentiert werden.
  • Neu können alle Finanzinstitute unabhängig von ihrer Rechtsform CoCos begeben.
  • Es wurde klargestellt, dass bei systemrelevanten Banken auch bei deren Konzernobergesellschaften im Falle von Staatshilfe Eingriffe in das Vergütungssystem erfolgen müssen.
  • Die Sanierungsbestimmungen wurden so angepasst, dass eine rasche und nachhaltige Übertragung der systemrelevanten Funktionen auf einen selbständigen Rechtsträger möglich wäre.
  • Den Bedenken gegen ein Vorprellen der Schweiz im internationalen Vergleich wird Rechnung getragen, indem jährlich über die internationale Entwicklung berichtet wird.

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

In einem Bericht haben das EFD und das Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) zusammen mit der FINMA und der Schweizerischen Nationalbank die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der geplanten Regulierung analysiert. Die vorgeschlagenen Massnahmen bewirken, dass massive Folgekosten schwerer Finanzkrisen für die ganze Volkswirtschaft vermieden werden können. Zwar steigen kurzfristig die Kosten für die systemrelevanten Banken. Allerdings wird sich langfristig das Vertrauen der Investoren vergrössern, was einen Wettbewerbsvorteil für den Finanzplatz Schweiz und die betroffenen Institute darstellt. Die Auswirkungen auf die Kreditvergabe im Inland werden kurz- bis mittelfristig als gering beurteilt. Längerfristig werden keine negativen Auswirkungen erwartet. Die Analyse zeigt, dass der langfristige Nutzen für die Volkswirtschaft die Kosten der Massnahmen übersteigt.


[1] CoCos (Contingent Convertible Bonds) sind Schuldverschreibungen, die bei einem bestimmten Ereignis (Erreichen eines Auslösers (Trigger)) in Eigenkapital umgewandelt oder abgeschrieben werden.


Kontakt

Mario Tuor, Kommunikation Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF), +41 31 322 46 16



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